Geschnitzte Baumhöhlen für bedrohte Haselmäuse und Gartenschläfer

Im Rahmen von einem Pilotprojekt will Natuurpunt herausfinden, ob geschnitzte Nisthöhlen in Bäumen eine schnelle Alternative zu natürlichen Baumhöhlen bieten können, die sich über viele Jahrzehnte hinweg entwickeln und nur begrenzt vorhanden sind. Die Zielarten sind unsere gefährdeten Gartenschläfer (Eliomys quercinus) und Haselmäuse (Muscardinus avellanarius). In fünf Gebieten in Belgien (Landen, Huldenberg, Borgloon, Voeren und Viroinval) wurden mit Hilfe von einem schottischen Baumpfleger Höhlen geschnitzt, wie es ein Specht tun würde. In der Schweiz wurden minimalinvasive Hochgeschwindigkeits- und Hochpräzisions-Kettensägetechniken für Holzer und Baumpfleger entwickelt. Bald kamen alle möglichen Waldtiere, um sie zu untersuchen.

A Garden Dormouse explores a carved nest hole.

In der Natur bilden sich Baumhöhlen auf vielfältige Weise, oft mit Hilfe von Vögeln (mit Spechten als offensichtlichem Beispiel) und Pilzen, durch Fäulnis an abgebrochenen Ästen, in Rissen und Spalten und unter loser Rinde. Solche Strukturen sind wichtig für die biologische Vielfalt und kommen vor allem bei älteren Bäumen vor, deren Erhalt daher sehr wichtig ist. Leider werden in unserer übermässig aufgeräumten Welt auch die Bäume oft „aufgeräumt“. So wird ihnen nicht die Möglichkeit gegeben, alt und hohl zu werden. Oder wenn doch, werden sie gefällt oder ihrer hohlen Teile beraubt, oft wegen angeblicher Sicherheitsrisiken. Wenn wir mithelfen, können wir den Prozess beschleunigen und dafür sorgen, dass auch bei jüngeren Bäumen geeignete Strukturen entstehen, was als „Veteranisierung“ bezeichnet wird.

Ein gut ernährter Gartenschläfer erkundet eine geschnitzte Baumhöhle.

Zusätzliche Nistmöglichkeiten dank ausgeschnittener Baumhöhlen.

Das Schnitzen von Baumhöhlen in lebenden Bäumen oder ausreichend stabilen abgestorbenen Teilen von Bäumen ist ein Thema, das in den letzten Jahren immer mehr Beachtung findet. Für einige Tierarten ist es relativ einfach, zusätzliche Nistmöglichkeiten zu schaffen. Es genügt dann, einen geradlinigen Schlitz in den Stamm zu bohren oder mit der Kettensäge einen Schlitz in den Stamm zu sägen, oder wettergeschützt an der Unterseite eines Astes. Bei Arten, die einen kleinen Eingang mit einem grossen Hohlraum dahinter benötigen, ist es technisch schwieriger. Die übliche Methode besteht darin, mit einer Kettensäge einen Block aus einem Baumstamm herauszusägen und dann das äussere Stück zu ersetzen oder eine Platte mit einem Eingangsloch darin anzubringen. Der Nachteil ist, dass dies recht invasiv ist und die Platte – vor allem, wenn sie dünn ist – durch das Wachstum des Wundgewebes des Baumes ein- oder herausgedrückt werden und ganz herausfallen kann. Ausserdem besteht die Platte aus Totholz, das schneller verrottet.

Schlafmäuse rein, Raubtiere raus.

Weniger invasive Methoden, die derzeit entwickelt werden, schaffen Baumhöhlen durch einen kleinen Eingang, der gerade ausreicht, um die Zielart hineinzulassen und grössere Raubtiere fernzuhalten. In Australien gibt es dafür bereits ein spezielles Gerät, das durch einen Eingang von mehr als 5 cm funktioniert. Will Robertson, ein schottischer Baumpfleger, der auch in der Schweiz und im übrigen Europa tätig ist, arbeitet freiwillig an Werkzeugen und Techniken, um die Eingänge noch kleiner zu gestalten, was für unsere Schlafmäuse (auch Bilche genannt – Familie Gliridae) besser geeignet ist. Er kam im August nach Belgien, um gemeinsam eine Feldstudie aufzubauen. Wir gingen mit Kletterausrüstung, Akkubohrer, Ladegerät, Gebläse zum Entfernen der Holzspäne, extra langen Schmetterlingsbohrern und einer selbstgebauten Oberfräse zum Aushöhlen der Netzlöcher ins Feld.

Verfeinerung und Beschleunigung der Schnitztechnik für Baumhöhlen.

Will bohrte 11 Höhlen in 5 verschiedenen Gebieten, in denen Haselmäuse und/oder Gartenschläfer vorkommen (Landen, Huldenberg, Borgloon, Voeren und Viroinval). Die Innenhöhlen haben in allen Richtungen einen Durchmesser von etwa 150 mm, wurden in etwa 3-4 m Höhe (nicht höher – um eine Überwachung zu ermöglichen) in viele verschiedene Baumarten und Windrichtungen eingeschnitten, einige mit länglichen und einige mit runden Eingängen, wobei sich der Hohlraum manchmal unterhalb und manchmal oberhalb des Eingangs befindet. Die Eingänge klein genug zu halten (für Haselmaus 22 mm rund oder 16 x 40 mm länglich, für Gartenschläfer 30 bis 45 mm rund oder 20 x 50 mm länglich), klappte mit zunehmender Erfahrung immer besser. Es wurde hauptsächlich totes Kernholz entfernt, und der Saftstrom wird nur durch den kleinen Eingang unterbrochen. Dieser Fluss von Säften ist sowohl für die Überwinterer als auch für den Baum wichtig: Die Feuchtigkeit in lebenden Bäumen wirkt wie ein Puffer, so dass das Klima in den Höhlen viel stabiler ist als in toten Bäumen oder Nistkästen und die Luftfeuchtigkeit ausreichend hoch bleibt. Das Schnitzen dauerte 2,5 bis 3 Stunden pro Höhle, aber seither hat sich die Technik stark verbessert, so dass es viel schneller und genauer geht.

Nisthöhlenschnitzerei von Will Robertson


Darüber hinaus verfeinert Will auch viel schnellere Techniken, indem er Hochgeschwindigkeits-Bohrwerkzeuge mit austauschbaren Hartmetallspitzen verwendet, die von einem Winkelschleifer angetrieben werden. Oder er arbeitet mit Baumpflegern und Forstkettensägen, die es ermöglichen, enge Eingänge, die so breit wie das Sägeblatt sind, und viel grössere innere Nistlöcher bis zu 45 cm tief, vollständig durch einen Eingang zu schneiden. Für baumbewohnende Fledermäuse (Familie vespertilionidae) können diese nach oben geneigt werden. Falls gewünscht, kann man die Nistlöcher zur Rückseite der Höhle hin stark verbreitern. Auch hier können Form und Grösse von Eingang und innerer Höhle an andere Tierarten angepasst werden, z.B. an Eichhörnli und Schlafmäuse. Die beiden letztgenannten Techniken sind jedoch viel gefährlicher (wegen der Rückschlaggefahr) und erfordern Geschick und Muskelkraft, um sie sicher durchzuführen.

Chainsaw Carved Nest Holes

An den meisten unserer 11 Nisthöhlen wurden Wildtierkameras installiert, so dass wir beobachten können, ob und wie schnell die Schlafmäuse sie nutzen, ob andere Arten einziehen, ob weniger Raubtiere vorbeikommen (die Höhlen befinden sich weiter oben und sind viel unauffälliger als die Nistkästen für Schlafmäuse, die wir normalerweise verwenden), ob sich die Höhlen unter dem Eingang leicht mit Wasser füllen, ob die Wunden schnell heilen und die Eingänge schnell wieder zuwachsen, und so weiter. Fragen über Fragen. Diese erste kleine Umfrage wird bereits einen gewissen Einblick geben.

Kleiber (Sitta europaea) geht rein, kommt aber fast nicht mehr raus.

Erste Resultate

Die Baumhöhlen wurden sofort von einer ganzen Reihe von Waldvögeln besucht (Kleiber (Sitta europaea), Gartenbaumläufer (Certhia brachydactyla), Sumpfmeise (Poecile palustris), Grünspecht (Picus viridis), Buntspecht (Dendrocopos major), Kohlmeise (Parus major), Blaumeise (Cyanistes caeruleus), Rotkehlchen (Erithacus rubecula) und Zaunkönig (Troglodytes troglodytes)). Sie verjagten sich häufig gegenseitig und unternahmen manchmal grosse Anstrengungen, um ins Innere zu gelangen, was auf einen Mangel an geeigneten Baumhöhlen hindeutet. In mehreren Höhlen begannen Spechte, den Eingang zu vergrössern. Manchmal kamen auch rote Eichhörnli (Sciurus vulgaris), um zu schauen und am Eingang zu nagen, und einmal kroch sogar eine Zwergspitzmaus (Sorex minutus) hinein.

Bereits 2 Wochen nach dem Einschnitt kroch ein erster Gartenschläfer in eine der Baumhöhlen, die seither 16 Mal von Gartenschläfern unterschiedlichen Alters besucht wurde. Auch in einem anderen Bereich hat ein Gartenschläfer bereits Interesse an einer Höhle gezeigt. Jetzt warten wir bis nach dem Winterschlaf, um zu sehen, ob Haselmäuse und Gartenschläfer die Höhlen als Lebensraum nutzen. Falls nicht, gibt es bereits mehr als genug andere Kandidaten. Viele weitere Videos finden Sie hier.

Do it yourself?

Wenn Sie selbst anfangen wollen, lassen Sie sich von einem Baumpfleger oder einem anderen Experten beraten, der weiss, wo man bohren sollte und wo nicht, damit die Stabilität und das Überleben des Baumes nicht gefährdet werden. Selbst bei kahlen oder abgestorbenen Bäumen lassen sich eine oder mehrere Höhlen im oberen Bereich leicht ausschneiden, und Sie müssen sich nicht so viele Gedanken über den Zustand des verbleibenden Stammabschnitts machen. Versuchen Sie, beim Schnitzen von Höhlen deren Entwicklung und Verwendung genau zu verfolgen, damit wir etwas über sie lernen können.

Text: Goedele Verbeylen (Natuurpunt, Mammal Working Group) und Will Robertson (New Homes for Old Friends)

Mit der Hilfe von lokalen Freiwilligen und Experten bei der Auswahl der Standorte und der Installation und Überwachung der Wildtierkameras : Jules Robijns (Natuurpunt Landen), Frederik Fluyt, Astrid Cervantes, Thomas Vandenberghe and Stijn Verstraeten (Natuurpunt Druivenstreek), Pieter Moysons (Regionaal Landschap Dijleland), Jos Reekmans, Joachim Volont and Stefan Carolus (Natuurpunt Borgloon), Ivo Vanseuningen (Natuurpunt Mammal Working Group), Rian Pulles (Stichting De Slaapmuis), Davy Noelmans (VLM)


Mit Dank an Forst Seeland und Stiftung Wildstation Landshut in der Schweiz und Susan Kerwin von Bat Rehabilitation Ireland.


Übersetzt von https://www.natuurpunt.be/nieuws/boomholtes-kerven-voor-bedreigde-slaapmuizen

English translation: https://new-homes-for-old-friends.cairnwater.com/carved-tree-cavities-for-endangered-dormice/


Französische Übersetzung / Traduction en français: https://new-homes-for-old-friends.cairnwater.com/fr/cavites-darbres-sculptees-pour-les-muscardins-muscardinus-avellanarius-et-les-lerots-eliomys-quercinus-menaces/